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Private Anmerkung: Leider kann ich in der Einleitung zum Artikel nicht die besondere Bezeichnung " Geschlossener Jugendwerkhof Torgau " erkennen. anscheinend hat man in Torgau mit der Tatsache noch immer Probleme, dass dies der einzige Geschlossene Jugendwerkhof mit einzigartiger Grausamkeit war und den man nicht mit anderen Jugendwerkhöfen vergleichen kann..
Um weitere Bilder und Videos zu sehen, bitte Link folgen:
http://www.spiegel.de/einestages/ueberwachung-in-der-ddr-das-operative-fernsehen-a-993228.html
Die Chronik des ehemaligen Polizeigefängnisses
in der Ostberliner Keibelstrasse
Stasi wollte kritische DDR - Bürger in Isolierungslager sperren
Berlin - Der Ex - VoPo - Knast Keibelstrasse, eines
der dunkelsten Orte Ostberlins
Artikel in Klarschrift
Hier nochmal der Artikel aus der BZ vom 7.9.14 für alle, die ihn auf den Scans nicht richtig lesen können:
"Irgendwo musste ich ja die Kinder von Republik-Flüchtlingen hinbringen" So redet sich die Stasi-Funktionärin Helga P. raus: Sie hatte knapp 25 Jahre Zeit, über ihre Stasi-Karriere nachzudenken. Sich mit dem Unrecht auseinanderzusetzen. Doch Helga P. (78) wählte den anderen Weg und erklärt bei einer öffentlichen Buchpräsentation, warum sie Kinder von DDR-Flüchtlingen in Heime brachte. Es kam zum Eklat, mitten in Mitte. In einem Zweckbau an der Torstraße - das Ladengeschäft der "Jungen Welt", vis-à-vis vom schicken Soho House. Die Vorstellung des Buches "Unbequeme Zeitzeugen" war im Internet beworben worden, Eintritt: fünf Euro. Man musste sich vorher anmelden - denn eigentlich wollten die Autoren, allesamt ehemalige Offiziere des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS), mit ihresgleichen unter sich bleiben. Doch auch Mitglieder der "Vereinigung der Opfer des Stalinismus" (VOS) sind unter den Gästen. Gereizte Stimmung. Eine Frau steht auf, ruft in den überfüllten Saal: "Frau Oberstleutnant, was haben Sie mit den Kindern von Republikflüchtlingen gemacht? Warum sind so viele in Heimen gelandet?" Es ist Ute Wunderlich (55), die man 1973 nach versuchter Republikflucht für 21 Monate ins Gefängnis und in den Jugendwerkhof gesteckt hatte. Sie will Antworten - von einer alten Frau in gemusterter Bluse und orangefarbener Hose: Helga P., ehemalige Stasi-Funktionärin, Co-Autorin des Buches. Sie erschrickt: "Das stimmt nicht. Ich habe sie nur kurz betreut, wenn die Eltern ins Gefängnis kamen. Irgendwo musste ich ja die Kinder von Republikflüchtlingen hinbringen." Jemand empört sich: "Sie sollten sich was schämen und hier nicht das Unschuldslamm spielen!" Im Saal kochen die Emotionen hoch. Ein alter Stasimann brüllt Wunderlich an: "Halt endlich die Klappe!" Ein Opfer ruft: "Ihr Lügner!" In den Siebzigern war Helga P. "Hauptsachbearbeiter für Anleitung und Kontrolle der Ermittlungsverfahren gegen Jugendliche", kurz vor der Wende schulte sie bei der Stasi Verhör-Spezialisten. Die Seniorin ist seit 1959 verheiratet mit einem Stasi-Funktionär (79). Sie haben zwei Töchter (53, 49), leben in Lichtenberg. B.Z. AM SONNTAG traf sie dort. Auf dem Wohnzimmertisch eine Häkeldecke, darauf sechs rote Nelken in einer Vase. "Mein Gewissen ist rein", sagt Helga P. "Diese Eltern, die Republikflüchtlinge, haben eine Straftat begangen, zudem ihre Kinder in Gefahr gebracht oder im Stich gelassen." Und weiter: "Wer weiß, wie Verwandte die Kleinen behandelt hätten. Im Heim hatten sie es gut." Worte, die Bürgerrechtlerin Vera Lengsfeld (62) einen kalten Schauer über den Rücken jagen. Sie war bei der hitzigen Debatte dabei, sagt: "Ich bin empört, wie weinerlich sich Frau Oberstleutnant zeigte, völlig ohne Reue. Kein Wort der Entschuldigung." Mitarbeit: N. Schulze
Dies ist eines unserer Plakate
VoPo - Gefängnis
Berlin - DDR - Knast soll bald Museum werden
Streit um die Erinnerung
Der Senat plant im früheren DDR-Polizeigefängnis in der Keibelstraße eine Ausstellung für Schüler. Protest gibt es nicht nur von Ex-Häftlingen
"Keibelritze" wird LernortInitiative will mitreden / Senat legt Konzept vor
"Wir haben uns über die Abgründe hinweg gelacht"Schlimmer als Knast: Für ihr Buch "Sonja: Negativ-dekadent" musste Silke Kettelhakes Protagonistin Sonja Rachow in den Keller der Erinnerungen an eine DDR-Disziplinareinrichtung steigen. Von Maria Menzel
Foto: Die Welt
Silke Kettelhake interessiert die Verletzlichkeit von Menschen – vor allem von in sich widersprüchlichen Frauen. Deshalb schreibt sie Biografien
Eine Protagonistin in einer politischen Krise gewürzt mit einem ordentlichen Maß an Fallhöhe: Das ist das Rezept von Silke Kettelhakes Büchern. Bisher hat die Berlinerin ausschließlich Biografien über Frauen geschrieben – starke Frauen, wie sie sagt. In ihrer neuesten Biografie "Sonja: Negativ-dekadent" arbeitet sie mit ihrer Hauptfigur deren Zeit in der DDR-DisziplinareinrichtungJugendwerkhof Torgau auf. Mehr als 4000 Jugendliche zwischen 14 und 18 Jahren wurden hierhin zur "Anbahnung eines Umerziehungsprozesses" eingewiesen. Im Gespräch über politische Rebellion, literarischen Voyeurismus und das richtige Maß an Fiktion erklärt Kettelhake, was sie an Büchern über Frauen interessiert: Entscheidend sei das Mitgefühl.
Die Welt: Sie haben vier Bücher über vier Frauen geschrieben: eine Widerstandskämpferin und eine Künstlerin in der NS-Zeit, eine Dessousverkäuferin und eine junge Rebellin gegen das DDR-Regime. Was haben diese Figuren gemeinsam?
Silke Kettelhake: Dass sie ihren Weg gegangen sind. Im Nationalsozialismus hat mich vor allem interessiert, was Alltag war, Normalität. Libertas Schulze-Boysen und ihr Mann waren an den Schnittstellen des Systems tätig – und gleichzeitig hat sie Beweise gesammelt für die Untaten der Wehrmacht in den Ostgebieten. Mit 29 Jahren wurde sie hingerichtet. Libertas ist nicht freiwillig den Opfertod gestorben; sie wollte leben. Die Plastikerin und Illustratorin Renée Sintenis war eine sogenannte Halbjüdin, verkehrte in der Hautevolee Berlins, fuhr jedes Jahr im Sportwagen nach Sylt. Was macht das mit einem, wenn alle Sicherheiten plötzlich wegbrechen? Es hat mich sehr berührt, wie sie weiter gearbeitet und mitten in Berlin die Kriegsjahre überstanden hat. Diese Frauen vereint eine Geisteshaltung, ein Freiheitsdrang. Jede hat ihre Widersprüche, es sind keine glatten Figuren. Da ist immer eine gewisse Fallhöhe. Ich brauche keine Heldengeschichten.
Foto: Osburg-Verlag Silke Kettelhake: Sonja - "negativ-dekadent". Eine rebellische Jugend in der DDR. Osburg Verlag. 290 S. 17,99 Euro.
Die Welt: Welche Widersprüche bringt Sonja mit sich?
Kettelhake: Sonja ist ein zartes, 16-jähriges Mädchen, will etwas werden in der DDR, ist gut in der Schule. Aber sie tut eben auch, was Jugendliche so tun: schwänzt den Unterricht, hört Musik, hängt rum, weiß nicht, wohin mit sich. Und dann kommt der Staat und packt sie und steckt sie vier Monate in den geschlossenen Jugendwerkhof Torgau, den Zeitzeugen als "schlimmer als Knast" beschreiben. Eine geklaute Jugend. Mich hat diese alltägliche Renitenz eines jungen Mädchens gereizt. Sie hat ihre Auflehnung nicht lange durchdacht, sondern sich aus einer inneren Haltung heraus mit dem Staat angelegt.
Die Welt: Sie ist in ihrer späteren Biografie politisch geblieben, aber hat sich politisch nicht eingeordnet. Die Ämter, die sie bekleidet hat, hat sie schnell niedergelegt. Ist das ein Muster, das sich durch ihr Leben zieht?
Kettelhake: Sie hat einfach eine große Klappe und lässt sich nicht von Hierarchien beeindrucken. Das finde ich sehr sympathisch. Sie geht ihren Weg, berechnet nicht jeden Schritt, eckt an. Die Karriereplanung, die wir heute betreiben, ist ihr sehr fremd.
Die Welt: Wie war das bei Ihnen?
Kettelhake: Das Lesen und Schreiben hat mich schon immer berührt, sich in der Sprache zu verlieren, im Rhythmus des Schreibens. Dass man die eigene Persönlichkeit ausdrückt, aber auch sich zurücknimmt und sagt: Der Stoff ist mir wichtiger. Ich empfinde das als eine große Gelegenheit zur Freiheit im Kopf. Dazu, sich diese bewahren zu können, gehört sicherlich auch Glück – und Glück hatte Sonja nicht so viel.
Die Welt: Hat sie sich die Freiheit trotzdem erkämpfen können?
Kettelhake: Ja, natürlich. Sie lebt mit ihrem 16 Jahre jüngeren Mann zusammen, den sie Anfang der 1990er- Jahre kennengelernt hat – einem Wessi aus Braunschweig. (lacht) Gerade hat sie mir geschrieben, dass sie jetzt vier Tage auf einem Rave hier bei Berlin war.
Die Welt: Auf einem Rave?
Kettelhake: Ja, die Devise: Minirock mit 62 !
Die Welt: Wie haben Sie Sonja gefunden ?
Kettelhake: Ich hatte vorher an dem Buch über die Miederwarenverkäuferin Heide Meyer gearbeitet – an ihrem Leben konnte man sehr gut Emanzipations- und Zeitgeschichte festmachen. Anschließend suchte ich nach einer politischeren Figur. Über Sonja gibt es die Information: "Sonja Rachow, geschlossener Jugendwerkhof Torgau", und "landespolitische Sprecherin des Neuen Forums für Mecklenburg- Vorpommern". Welche Wandlungen stecken in diesem Leben?
Die Welt: Wie hat Sonja auf Ihre Anfrage reagiert?
Kettelhake: Erst einmal sehr passiv. Sie bekommt oft vom Gutmenschentum geprägte Anfragen, durch die die Opferperspektive von vornherein immer ein bisschen festgeschrieben ist. Dagegen wehrt sie sich. Viele der ehemaligen Heimkinder, ob Ost oder West, sind Opfergeblieben. Aber bei Sonja habe ich gleich einen gewissen Sarkasmus und Zynismus bemerkt – obwohl sie in den Keller der Erinnerungen steigen musste. Wir haben uns über die Abgründe hinweggelacht. Sie hat zum Beispiel ganz kleine Hände, mit denen sie immer aus den Handschellen herausgeschlüpft ist, und hat sie dann freundlich auf den Tisch gelegt. Durch solche Details wird der Schrecken schreib- und auch lesbar. Anders wäre das gar nicht zu ertragen gewesen.
Die Welt: Kamen Sie mit diesem Thema zum ersten Mal über Sonja in Kontakt?
Kettelhake: Ja, die DDR, die Nomenklatura der alten Männer – das hat mich alles überhaupt nicht gereizt. Andererseits hat mich die Sprache in den Stasi-Akten interessiert, sie erinnert an die Gestaposchreibe. Da heißt es immer "DIE xy". So werden Menschen diffamiert, in den Schmutz gezogen. Da wird eine Clique von Jugendlichen im Zug von der Transportpolizei verhaftet, weil sie 1967 – Sonja ist gerade 15 geworden – zum FDJ-Treffen nach Karl-Marx-Stadt fahren. Nichtweil sie FDJler sind, sondern weil da viel los ist. Erstaunlich, dass der Staat so eine Angst vor der Jugend hatte, dass er jedes Aufmucken im Keim erstickte.Sonja hatte mit ihren Freunden ein Protestplakat gegen den drohenden Einmarschin die CSSR gemalt. Mit Kugelschreiber. Die Clique traf sich am Brunnen in Rostock. Sie hörten Musik, rauchten, und das Plakat stand daneben. Dann kam Sonja weg. Mit 16 Jahren.
Die Welt: Ist Sonja mutig, vielleicht sogar eine Heldin ?
Kettelhake: Sonja hat alles, was sie getan hat, natürlich aus Überzeugung gemacht. Es lag halt Widerstand in der Luft, dem sie sich angeschlossen hat.
Die Welt: Physische und psychische Gewalt spielen eine große Rolle in Sonjas Geschichte. Wie sind Sie damit umgegangen?
Kettelhake: Ich wollte nicht voyeuristisch schreiben, den Stoff aber in seiner banalen und brutalen Alltäglichkeit dramatisierend aufbereiten: Natürlich habe ich mich in Sonja hineinversetzt. Die ersten Schriftproben waren für sie sehr tränenreich, weil sie sich ganz und gar wiederfand. Hinsichtlich ihres Aufenthalts in Torgau habe ich mich an die Berichtsbücher des Jugendwerkhofs gehalten. Der Tagesablauf etwa ist so getaktet, dass keine ruhige Sekunde bleibt. Jede Form von Individualismus wurde ausgemerzt. Ich habe versucht, ihre Erlebnisse literarisch zugänglich zu machen.
Die Welt: Wie viel Fiktion steckt in dem Buch "Sonja: negativ-dekadent" ?
Kettelhake: Sonja erzählte voneiner Zelle namens Fuchsbau, einem ehemaligen Lüftungsschacht aus dem Zweiten Weltkrieg, in dem man nur gebückt hocken konnte – und das über Tage musste. Das sind wahnsinnige Schmerzen. Sie hat mir das recht trocken erzählt. So ist sie halt. Natürlich habe ich das dramatisiert, denn ich möchte, dass der Sog entsteht, dem sich die Leser der Geschichte nicht mehr entziehen können.
Die Welt: Was empfinden Sie für die Figur Sonja?
Kettelhake: Mitgefühl – ohne Mitgefühl geht gar nichts; ein alter Werbetrick. Wenn die Menschen etwas nicht berührt, lassen sie sich nicht darauf ein. Und ich empfinde ganz große Wut. Es ist wahnsinnig ungerecht, jemandem die Jugend zu klauen. Die nicht gemachten Erfahrungen. Die Angst, es könnte sich wiederholen. Was es ja auch tat. Sie kam in den Erwachsenenknast aufgrund von Arbeitsbummelei und Asozialität. Wäre ich in der DDR aufgewachsen, hätten sie mich mit diesen Begrifflichkeiten bestimmt auch rangekriegt.
Die Welt: Wie geht Sonja heute mit ihren Erfahrungen um?
Kettelhake: Ihren Frieden hat sie damit nicht gemacht – auch nicht nach vier Jahren Therapie. Das ist wie ein riesiger Schrank, der zu Hause steht, mit vielen Erinnerungen darin. Gerade so lässt er sich schließen. Natürlich hätte man gern Schicht für Schicht aufgeräumt, hat aber das Gefühl, dass man das nie schafft. Also versucht man immer, diesen Schrank zuzuhalten. Denn wenn der aufgeht, wird man von diesem ganzen Müll erschlagen. Sonja hat angefangen, zu sortieren. Bestimmte Sachen will sie nicht an sich heranlassen. Manchmal wirft sie ein Klingeln, ein Geruch, ein Lachen, ein bestimmter Ausdruck sofort wieder zurück.
Die Welt: Waren Sie gemeinsam in dem alten Jugendwerkhof?
Kettelhake: Nein, Sonja weigert sich bis heute, nach Torgau oder in den "Roten Ochsen" nach Halle zu gehen. In ihrer Heimatstadt Rostock ist sie das erste Mal mit dem Buch öffentlich aufgetreten. Wir sind inzwischen ein gutes Team. Wenn ich sehe, dass ihre Augen anfangen zu glitzern, dann moderiere ich weiter.
Die Welt: Warum schreiben Sie Bücher über Frauen ?
Kettelhake: Mich interessiert die Verletzlichkeit, der Mensch – auch bei Männern. Aber ich glaube, dass die sich im Gegensatz zu Frauen eher abschotten, sich als Sieger sehen und präsentieren und viel tun, um diese Fassade zu wahren. Ich finde das oft sehr lächerlich. Männer sind schnell zu durchschauen, einfach nicht so vielschichtig.
Die Welt: Sie haben hier vier Männer zu Hause – Ihren Mann und Ihre drei Söhne.
Kettelhake: Ich erziehe die halt – zu selbstständigen Freigeistern! (lacht) Ein Versuch.
Die Welt: Auch Ihren Mann?
Kettelhake: Natürlich, eine Beziehung zwischen zwei Menschen mag gleichberechtigt sein, aber sobald Kinder ins Spiel kommen, sieht das ganz anders aus: Wer steckt zurück, wer geht mit dem Kind zum Arzt, wer nimmt den ganzen Zeitaufwand auf sich? Aber ich versuche das immer sportlich zu sehen und trotzdem zu schaffen, was ich mir vorgenommen habe.
Die Welt: Welche Rolle spielt Emanzipation in Ihren Büchern?
Kettelhake: Emanzipation ist ein unsexy Wort. Es sind auf ihre Art und Weise starke Frauen, die – obwohl sie schwach und angreifbar sind – sich aus der verzweifelten Lage, in die sie sich selbst gebracht haben, irgendwie wieder rausboxen, den Humor bewahren. Das finde ich bewundernswert.
Die Welt: Obwohl die Frauen Ihrer Biografien alle sehr stark sind, standen sie nicht so stark in der Öffentlichkeit wie die Männer ihrer Zeit. Warum?
Kettelhake: Sie waren nicht bewusst stark. Ich glaube, ab einem gewissen Punkt sind sie einfach nicht mehr interessiert. Sie merken, dass diese Form von Macht möglich wäre. Das reicht ihnen. Dann interessieren sie sich wieder für andere Sachen – die Kinder, die neue Liebschaft, das Private. Vielleicht herrscht auch ein gewisser Pragmatismus vor: Aha, das könnte ich also, aber ich habe drei Kinder, und für die muss ich jetzt sorgen.
Die Welt: Sind Sie selbst auf der Suche?
Kettelhake: Natürlich. Das war ich immer, und das kann ich mir nicht anders vorstellen. Ich komme zur Ruhe,wenn ich schreibe. Ansonsten bin ich eher ein nervöser Mensch. Ich hinterfrage viele Sachen und gebe mich nicht so schnell zufrieden. Wie anstrengend. (lacht)
Hat sich bis heute was in Brandenburg geändert ???
Hartmut Richter:
"Statt Gerechtigkeit bekamen wir den Rechtsstaat"
Hartmut Richter
Stationen eines bewegenden Lebens. Hartmut Richter steht im ehemaligen Stasi-Gefängnis an der Lindenstraße in Potsdam, das heute eine Gedenkstätte ist, in der er Führungen macht.
Foto: Stickforth
1989 plante ich schon seit einigen Jahren, nach Schleswig- Holstein zu ziehen. Dort wollte ich Abstand gewinnen von der Mauer, an die ich in West-Berlin ständig stieß. Von 1967 bis 1971 hatte ich zeitweise in Hamburg gelebt, war als Steward auf verschiedenen Schiffen tätig. Natürlich konnte ich nur auf Schiffen anheuern, die in der westlichen Hemisphäre unterwegs waren. Im gesamten Ostblock hätte man mich verhaftet. In der Nacht zum 27. August 1966 war mir unter Lebensgefahr die Flucht durch den Teltowkanal nach West-Berlin gelungen. Flüchtlinge waren im Westen Deutsche im Sinne des Grundgesetzes, nach DDR-Gesetzen aber noch immer DDR- Bürger. Im Ostblock galten DDR- Flüchtlinge als Verbrecher und konnten verhaftet werden. Eigentlich war dies keine Staatsbürger-, sondern eher eine Leibeigenschaft. In den 17 Untersuchungshaftanstalten des MfS – einige wie Hohenschönhausen und Potsdam sind heute gegen den Willen vieler alter Genossen vielbesuchte Gedenkstätten – saßen meist Menschen ein, die den Arbeiter-und-Bauern-Staat legal oder illegal verlassen wollten. Als sich Anfang der 1970er Jahre beide deutsche Staaten um Aufnahme in die UNO bemühten, waren gewisse Gesetze international nicht mehr vertretbar. So erließ die DDR 1972 ein Amnestie-Gesetz für alle Bürger, die vor dem 1. Januar 1972 die DDR verlassen hatten. Damit mussten ehemalige Flüchtlinge nicht mehr mit einer Strafverfolgung rechnen, konnten sogar ihre Heimat besuchen, wie normale Touristen. Seit meiner riskanten Flucht durch den Teltowkanal überlegte ich, wie man Menschen helfen könnte, diesen ungeliebten Staat zu verlassen. In der Nacht zum 4. März 1975 wurde ich als Transitreisender in einer Garage kontrolliert. Sie ließen einen Hund um mein Auto laufen. Als der anschlug, flog ich an die Wand. „Schießt doch, ihr Verbrecher!“, soll ich geschrien haben. So steht es in den Stasi-Akten. In jener Nacht endete am Grenzübergang Drewitz mein Versuch, meine Schwester und ihren Verlobten im Kofferraum versteckt nach West-Berlin zu bringen. Heute weiß ich, dass die verantwortlichen Mitarbeiter der Staatssicherheit mich seit Ende 1974 verdächtigt hatten, die Transitwege zu missbrauchen. Nach erster Stasi- Akteneinsicht 1993 hat sich auch mein Freundeskreis verkleinert. Viele ehemalige Mitgefangene offenbarten nach ihrem Freikauf in den Westen nicht, dass sie mit der Stasi kooperiert hatten. Viele spitzelten bis zum Fall der Mauer weiter. Seit 1972 hatte ich in West- Berlin meinen festen Wohnsitz, begann neben dem Besuch des Berlin- Kolleg eine Ausbildung zum Sozialarbeiter, bezog BAföG und arbeitete als Kellner. Zu Weihnachten 1973 bot ich meiner lieben sechs Jahre jüngeren Schwester Elke an, sie in den Westen zu bringen. Meine Schwester war damals 19 und noch überzeugt, dass die DDR der bessere deutsche Staat ist. Ein Musiklehrer, in den meine Schwester sich verliebt hatte, hegte wie viele scheinbar angepasste DDR-Bürger ständig Fluchtabsichten: Es wurde geplant, als zu riskant verworfen, wieder geplant, bis man sich in der DDR einzurichten begann. Viele Bürger lebten so wie der Musiklehrer, mit dem meine Schwester sich bald verlobte; auch viele Freunde von mir, mit denen ich einst Fluchtplänegeschmiedet hatte, die aber, anders als ich, nicht bereit gewesen waren, ihr Leben zu riskieren, und irgendwann heirateten und Kinder hatten. Anfang 1976 begann vor dem Bezirksgericht Potsdam endlich der Prozess gegen mich, unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Prozesse wie diese waren Theater, die Strafen standen vorher fest. Eigentlich hätten sie mich schon nach drei bis vier Monaten anklagen können.Warum sie es nicht taten? Ganz einfach: Unter dem „Liquidieren feindlich-negativer Kräfte“ verstand die Stasi, Menschen zu brechen. Die Untersuchungshaft war schlimm. Pausenlose Überwachung durch die Wärter,die man Schließer nannte. Die Schließer waren meist primitive Dumpfbacken. Jeder Inhaftierte sehnte nach Tagen, Wochen, Monaten, mitunter Jahren U-Haft die Verurteilung herbei. Der Mauerbau änderte alles. Und ein Haarschnitt Hartmut Richter, geboren 1948 in Glindow, glaubte als Jungpionier an die DDR als den besseren deutschen Staat. Zwei Erlebnisse erschütterten diesen Glauben: der Mauerbau und ein Haarschnitt auf dem Weg zur Schule durch Mitarbeiter der Staatssicherheit. Sein erster Fluchtversuch im Januar 1966 scheiterte, sein zweiter sieben Monate später glückte. Ab 1972 verhalf er 33 DDR- Bürgern zur Flucht; 1975 wurde er am Grenzübergang Drewitz festgenommen, 1980 von der Bundesregierung freigekauft. Er engagiert sich für Opfer des Stalinismus, hält Vorträge, macht Führungen in ehemaligen Stasi-Gefängnissen. Strafgefangene wurden zur Arbeit eingesetzt. Die Normen waren höher als in der DDR-Produktion üblich. Meist wurden Geräte, aber auch Möbel und Textilien hauptsächlich für den Export gearbeitet, für den Export in den Westen. Durch Auswertung der Transitlisten konnten mir 18 Schleusungen nachgewiesen werden. Es waren 33 Personen, an deren Flucht ich erfolgreich mitgewirkt hatte. Als ein von westlichen Medien manipuliertes Subjekt, williges Werkzeug von Großkapital und westlichen Geheimdiensten wurde ich des staatsfeindlichen Menschenhandels angeklagt und zu 15 Jahren Freiheitsentzug verurteilt. Nach 18 Monaten im Zuchthaus Rummelsburg, drei Aufenthalten im Haftkrankenhaus Meusdorf bei Leipzig zur Zwangsernährung schafften sie mich nach Bautzen, wo ich noch drei Jahre zu verbringen hatte, meist in Isolationshaft. In den Stasi-Akten las ich später, dass ich den „Erziehungsprozess meiner Mitgefangenen negativ beeinflusse und ein Feind der DDR“ sei. Meine sechs Jahre jüngere Schwester wurde gegen ihren Willen nach zwei Jahren und vier Monaten, davon über ein Jahr im Frauenzuchthaus Hoheneck, entlassen. Sie bekräftigte vergeblich ihren Wunsch, die DDR zu verlassen. Ihre Ankündigung, dass sie in der DDR keine Hilfsarbeiten verrichten würde, beantwortete man mit der Androhung weiterer Haft: „Sie haben zu arbeiten, asoziales Verhalten dulden wir nicht.“ Bald nach meiner Entlassung am 2. Oktober 1980 versuchte die Stasi, mich im Westen zu diskreditieren, als „Faschisten“ zu brandmarken, sogar umzubringen – jetzt war ich „ein zu liquidierendes Objekt im Operationsgebiet“. Für mich war der Mauerfall ein Moment unendlicher Freude. Noch heute kommen mir die Tränen, wenn ich meinen 9. November reflektiere. Die Tage, Wochen und Monate danach veränderten auch mein Leben. Plötzlich konnte ich wieder meine Heimat besuchen, mich jederzeit ins Auto setzen und durch die bis zum 3.Oktober 1990 bestehende DDR fahren, auch nach Polen, nach Ungarn, ohne verhaftet zu werden.
Die friedliche Revolution haben viele Menschen als große Möglichkeit gesehen, verkrustete Verhältnisse aufzubrechen, neue Wege zu suchen. Doch statt Gerechtigkeit bekamen wir den Rechtsstaat; den verstehen die alten Eliten für sich zu nutzen. Um alten Genossen nicht allein die Geschichtsdeutung zu überlassen, brachte ich mich in den entstehenden Gedenkstätten ein. Bis zu meiner Rente versuchte ich, ehemals Verfolgten zu helfen und konnte doch nichts ausrichten. So hielt der Fall der Mauer mich davon ab, nach Schleswig-Holstein zuziehen. Ich lebe immer noch im alten West-Berlin, bin aber oft in meiner Heimat Werder und Potsdam unterwegs.
Aufstockung des Heimfonds
Hilfsfonds für ehemalige DDR-Heimkinder soll aufgestockt werden
Leipzig/afp. – Wegen seiner unerwartet starken Inanspruchnahme soll der Bund-Länder-Hilfsfonds für ehemalige DDR-Heimkinder nach einem Pressebericht aufgestockt werden. Noch in diesem Monat werde bei einem Bund-Länder-Treffen über eine Aufstockung um einen höheren zweistelligen Millionenbetrag beraten, meldete die „Leipziger Volkszeitung“ vorab aus ihrer Dienstagsausgabe unter Berufung auf Regierungskreise. Aus dem Fonds werden ehemalige DDR-Heimkinder für erlittenes Unrecht in staatlichen Erziehungseinrichtungen entschädigt.
Ich im Gespräch mit Frau Monse, einer Mitarbeiterin, bei der Eröffnung der Kontaktstelle für ehemalige Heimkinder in Leipzig
http://mobil.mz-web.de/politik/entschaedigung-hilfsfonds-fuer-ehemalige- ddr-heimkinder-soll-aufgestockt-werden,23886362,25878884.html
Haftfolgeschäden von ehemaligen politischenHäftlingen
Zeitungsartikel zum Thema Heimerziehung und dem Geschlossenen Jugendwerkhof Torgau
Neueste Nachrichten über den Heimfonds
Heimerziehung in der DDR: Schläge mit dem Schlüsselbund
http://einestages.spiegel.de/external/ShowTopicAlbumBackgroundXXL/a1122/l0/l0/F.html
Torgauer Zeitung
Torgauer Zeitung
Torgauer Zeitung
Deutsches Ärzteblatt
Berliner Zeitung
Welt am Sonntag
Torgauer Zeitung
Leipziger Volkszeitung
Leipziger Volkszeitung
MDR Info
Unbekannt
Das Parlament
Zeit Online
Focus Online
Ein Teilerfolg, der nächste Schritt könnte sein:Weg mit den Russenpanzernim Berliner Tiergarten
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Spurensuche - Ich war im Kinderknast von Torgau Andreas Freund https://www.youtube.com/user/laika11000
Zeitzeugenbüro Stiftung Aufarbeitung der SED Diktatur
Portal
https://vera-lengsfeld.de/biografie/ Publikationen unter anderem 1989: Tagebuch der Friedlichen Revolution mehr unter diesem
Publikationen unter anderem mehr unter diesem
Iska Schreglmann, zu einer sehr guten Freundin geworden, führte als Journalistin die Recherchen für die Reportage "Spurensuche, ich war im Kinderknast von Torgau" sowohl über meinen Leidensweg, als auch meine damit verbundene Geschichte über meine Haft im GJWH Torgau.
Gedankensteine II
Hrsg. Sabine Schwiers B.Kühlen Verlag
https://www.amazon.de/Gedankensteine-II-Erfahrungen-Zeitzeugen-erz%C3%A4hlen/dp/3874484580
Thomas Gast
https://www.amazon.de/INDOCHINA-lange-nach-Dien-Bien-ebook/dp/B0761NY31Y
https://www.amazon.com/American-Muckraker-Rethinking-Journalism-Century/dp/1637580908
IG-ehemaliger-politischer-häftlinge-der-DDR
(Seite befindet sich im Aufbau)
https://www.ig-ehemaliger-politischer-häftlinge-der-ddr.de
DIH
Deutsches Institut für Heimerziehungsforschung
Der Onlineauftritt des DIH- Deutschen Instituts für Heimerziehung ist ab sofort unter diesem link zu erreichen: https://www.eh-berlin.de/forschung/an-institute/deutsches-institut-fuer-heimerziehungsforschung.html
Damit wir nicht vergessen. Erinnerung an den Totalitarismus in Europa
ience.eu/book-version/damit-wir-nicht-vergessen-erinnerung-an-den-totalitarismus-in-europa/
Deutschlands Querfront: Stasi und die Terroristen http://linksfaschisten.blogspot
Stiftung für ehemalige politische Häftlinge Hauptadresse An der Marienkapelle 10 53179 Bonn, Nordrhein-Westfalen Deutschland
Telefon Zentrale: 0228-368937-0 Fax: 0228-36893-99 Mail: Internetpräsenz befindet sich im Umbau Info zur Stiftung: https://de.wikipedia.org/wiki/Stiftung_für_ehemalige_politische_Häftlinge
VOS – Vereinigung der Opfer des Stalinismus e.V. Gemeinschaft von Verfolgten und Gegnern des Kommunismus e.V.
Nachrichteninfo
Gedenkstätte
Berlin - Hohenschönhausen
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Förderverein Gedenkstätte Berlin- Hohenschönhausen
Ein Buch, dass so beeindruckend und auf dem Punkt geschrieben ist, dass es sogleich poetisch und so stechend ist, dass es für ehemalige politische Häftlinge ziemlich schwer zu verdauen ist. Es hat mich zutiefst beeindruckt und ich kann es nur jedem wärmstens empfehlen, der sich für die Abgründe der der menschlichen Psyche und DDR- Geschichte interessiert. Es ist jeden Cent wert.
Paul Brauhnert - Tiere in Menschengestalt Die Anatomie eines Mythos. Militärstrafvollzug Schwedt. Ein Bericht mit Illustrationen Mit neun Illustrationen und einem Lageplan aus der Hand des Autors
https://www.beratungsstelle-gegenwind.de
Initiativgruppe Geschlossener Jugendwerkhof Torgau e.V.
http://www.jugendwerkhof-torgau.de/
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